Can Tho und besonders seine Umgebung gefiel uns sehr aufgrund seiner angenehmen, ruhigen Stimmung. Nichts war eilig. Die Temperaturen waren schwül und die Menschen hier in aller Frühe auf den Beinen. So wie wir, als wir mit Jack, unserem „Mitbewohner“ mit dem Boot zum schwimmenden Markt aufbrachen. Mal wieder brachten die großartigen Wasserspiegelungen unsere Kameras zum glühen. Jack hatte sehr viel spannendes über sein Land und die Menschen zu berichten. Es war unglaublich spannend zu sehen wie unterschiedlich doch unsere Kulturen sind. Heiße Suppe zum Frühstück wird sich in Deutschland wohl nicht durchsetzten. Ebenso wie drei mal täglich Reis zu essen. Wir verschlucken bei Asthma keine lebendigen Geckos oder essen halb ausgebrütete Hühner. Dafür sind wir ein Volk was so viel Besitz hat und nicht halb so zufrieden erscheint wie die Menschen hier deren Besitz in einen geflochtenen Korb passt. Der schwimmende Markt war viel entspannter als ich es von einem Markt erwartet hätte. Boote trieben ruhig auf dem Wasser und zeigten durch Obst oder Kürbisse, welche sie an Bambusstäben hoch aufgehängt hatten, was sie verkauften. Wer Interesse hatte, der kam mit seinem kleinen Boot herübergefahren und kaufte gleich mehrere Kilos. Die Menschen baumeltenn auf ihren Booten in der Hängematte oder feilschten um Preise. Eine sagenhafte Stimmung!
Interessant war der Vergleich zwischen dem schwimmenden und dem „trockenen“ Markt. Zweiterer wurde vor allem von den Frauen betrieben, während die Männer rauchend im Cafe saßen. Verkauft wurden vor allem Früchte und Fisch. Es gab natürlich für den besonderen Geschmack auch lebendige Frösche oder halb ausgebrütete Eier. Bei dem Spaziergang über den bunten Markt kaufte Jack gleich unser aller Frühstück ein. Es war wieder ein spannender Marktbesuch und diesmal etwas befremdlich, da ein kleines Mädchen anfing zu weinen als sie mich sah. Jack erklärte, dass sich die Einheimischen manchmal vor Europäern fürchten. Wir haben wohl zu helle Haut, blaue Augen und dann auch noch große Nasen. Und blonde Haare sind dann wohl einfach zu viel. Aber ein schüchternes Lächeln konnte sich die Kleine nach dem ersten Schreck doch noch abringen.
Das Highlight des kommenden Tages war unsere Fahrradtour mit Jack zu einer „Schokoladenfabrik“. Der Eigentümer war laut Jack „..ein alter Mann. Er ist 68 Jahre alt und war der erste Schokoladenhersteller in Vietnam.“ Als wir den sehr agilen und freundlichen Herrn kennenlernten stellte er sich mit folgendem Wortlaut vor: „Ich bin ein alter Mann. Ich bin 68 Jahre alt und bin der erste Schokoladenhersteller in Vietnam.“ -witzig.. Wir probierten zunächst von der guten, dunklen (und vor allem eisgekühlten) Schokolade und bekamen anschließend den Herstellungsprozess von Jack genauestens erklärt und gezeigt. Zunächst werden die gelben Früchte von den Bäumen geerntet. Anschließend werden sie aufgeschnitten und offenbaren ihren weißen, etwas schleimigen Inhalt, in welchem sich die Bohnen befinden. Die weiße Fruchthülle kann man sogar essen. Schmeckt wie eine Mischung aus Mango und Litschie. Diese Schicht wird eingelegt und aus dieser wird (nach Likör schmeckender) 12%iger Kakaowein gewonnen. Die Kerne trocknen erst eine Woch in Bananenblättern in der Sonne, werden anschließend geröstet und in mehreren Stufen gemahlen. So entsteht das Kakaopulver. Der nächste Prozess ist die Gewinnung der flüssigen Kakaobutter. Diese gilt als Wundermittel: man schmiert sich damit ein und bleibt ewig jung. (Tatsächlich sah der „alte“ Farmer erstaunlich jung aus..????) Das war wirklich sehr interessant und wir hätten noch länger bleiben können, aber auf dem Programm stand noch die Besichtigung eines Pagodas. Dieser war in einer sehr schönen, grünen Anlage und geschmückt mit Skulpturen wie dem „Happy Buddha“.
Schweren Herzens verließen wir unser schönes Guesthouse und unsere neuen Freunde Jack und Rose. Die beiden cleveren, jungen Einheimischen hatten wir schnell in unser Herz geschlossen. Aber wozu gibt es facebook…????? Die Reise ging weiter nach My Tho. Die Busfahrt war mal wieder eine spannende Erfahrung. Wir hatten alle Liegeplätze und hörten die ganze Zeit vietnamesische Schlager oder Popmusik. Es dauerte eine Weile bis wir dem Busmitarbeiter klar gemacht hatten, dass wir nicht nach Ho Chi Mingh City, sondern ins „kleine“ My Tho wollten. Aber trotz Verständigungsschwierigkeiten klappte auch das irgendwie. Wir wurden ganz einfach auf halbem Weg am Straßenrand rausgeschmissen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Bus hielt keine 10 Sekunden und unser Gepäck landete im Matsch. Aber wir waren froh, dass wir rausgelassen wurden (scheint nicht üblich zu sein) und stiegen einfach ins nächste Taxi zum Hotel. Und das war so pompös, dass ich mich mit meinem schlammigen Rucksack, den verstrubbelten Haaren und blau gefleckten Beinen echt bisschen fehl am Platz gefühlt habe. Aber die Aussicht war krass. Und das Frühstück auch. Es bestand zu 90% aus Wassermelone.
Für den folgenden Tag war ein Ausflug nach Ben Tre geplant. Wir stellten uns Bananenplantagen, Kokosnusspalmen und friedlich auf dem Mekong treibende Fischerboote vor. Die Realität war lebendiger, lauter und viel stärker frequentiert. Und wir waren die einzigen Touristen die sich mal wieder auf einem einheimischen Markt wiederfanden. Und dort fand uns auch Lanh. Er war ein ganz aufgeregter Vietnamese, der uns eine Bootstour aufschwätzen wollte. Und das auch schaffte. Denn dieser Fuchs schleppte ein zerfleddertes Heftchen mit allerlei handschriftlicher Kritiken über seine hervorragenden und individuellen Touren fernab der Touristenwege mit sich herum. Letztlich war es eine ganz gute Tour, wenn auch touristischer als wir dachten und definitiv weniger abwechslumgsreich als angepriesen. Die Coconut Candy Fabrik war zwar interessant (besonders die Herstellung von Kokosnussmilch und die in Kokosnussschnaps eingelegten Schlangen und Frösche) aber reine Touristenabzocke. Seine „Family“ die wir mit ihm besuchten war tatsächlich ein kleiner Restaurantbetrieb und die Leute dort schienen nicht sehr vertraut mt ihm. Doch die Kokosnuss, die direkt vor unseren Augen von der Palme gepflückt wurde und trinkfertig serviert wurde war schon ziemlich lecker. Alles in allem war es eine nette Tour und Lahn ein lustiges Kerlchen (meine Mama nannte ihn liebevoll „kleines Schlitzohr“).
Abends sollte der Flieger nach Kambodscha (Phnom Penh) gehen. Mit dem Taxi ging es in trubelige Ho Chi Ming City. Den Verkehr hier beobachteten wir mit offenen Mündern. Es gibt keine klaren Regeln, jeder fährt wann er Lust hat (bzw. sich traut) und auf einem Roller sitzen nicht selten ganze Generationen oder ein kompletter Verkaufsstand. Wenn man sich anstrengt erahnt man zwischen Tüten, Pflanzen, Plastikflaschen und Möbeln sogar noch den Menschen auf dem stetig hupenden Gefährt. Am Flughafen mussten wir erfahren, dass unser gebuchter und bezahlter Flug nichr existiert. Nachdem wir das komplette Flughafenpersonal mit unserem Problem verrückt gemacht hatten mussten wir einsehen, dass besagter Flug tatsächlich nicht existierte. Müde und genervt ging es zurück in die City ins nächstbeste Hotel. Hauptsache es gab Wifi. Denn Aufgabe war es nun, den nächstbesten Flug nach Siem Reap zu buchen. Doch nach einigen Stunden verzweifelter Suche mussten wir einsehen, dass die Flüge sauteuer waren, oder dass unser Gepäck keinen Platz im Flieger hatte. Das die Preise während des Buchungsprozesses ständig stiegen oder unser Flug plötzlich voll war trug nicht zur allgemeinen Erleichterung bei. Nach einer Weile kam der Vorschlag auf doch lieber mit dem Bus die Grenze zu passieren. Doch auch hier stellte der Buchungsprozess mit grottigem Wlan-empfang unsere Geduld auf die Probe. Nachdem die letzte unserer Kreditkarten letztlich doch akzeptiert wurde konnten wir aufatmen und fix und fertig in die Betten sinken. Bevor wir uns auf eine lange Busfahrt machten entdeckten wir in Ho Chi Mingh noch eine sagenhafte Bäckerei. Tag gerettet.
Exkurs:
Eine kleine Hupkunde:
In Vietnam wird gehupt. Gerne. Und viel. Einmal ordentlich hupen kann bedeuten: „Hallo!“ Oder: „Ich sehe dich und überhole dich jetzt.“ Oder: „Hey Süße(r)!“ Oder: „Mensch ist das ruhig hier. Ich sollte mal wieder hupen.“ In den meisten Fällen ist wohl gemeint: „Bahn frei, hier komme ich! Gegenverkehr?! Egaaaal.“