Antigua Guatemala gilt als eine der schönsten Städte Zentralamerikas. Dem kann ich nur zustimmen. Hier reihen sich alte, bemalte Häuser aneinander und manchmal taucht ein schickes Restaurant, ein chaotischer Kiosk oder ein farbenfrohes Café auf. Die Straßen sind stetig befahren von schnellen Rollern, kleinen Reisebussen, einem TukTuk oder Autos mit stark verdunkelten Scheiben. Was dahinter steckt, wurde mir von meiner einheimischen Bekannten, Paola erklärt. Es geht hierbei darum, dass es in Guatemala häufig eine positive und eine negative Seite gibt. Was ist denn nun die positive Seite an komplett schwarzen Autoscheiben? Man kann auch als Frau, welche alleine am Steuer sitzt, zu jeder Tageszeit ohne Gefahr unterwegs sein. Die negative Seite: wenn eines dieser Autos plötzlich anhält, die Scheibe einen Spalt hinunterlässt, und man lediglich eine Pistole erkennen kann. Doch dies passiert glücklicherweise (in Antigua) recht selten. Apropos Pistole: Waffenwerbung sieht man ständig und überall. So hängt das Bild einer riesigen Waffe neben dem Plakat eines strahlenden, europäischen (oder Nordamerikanischen) Pärchens, welche für schicke und günstige Traumhäuser werben. Warum sieht man keine Einheimischen auf den Werbeplakaten? Und ein hoher Anteil der Menschen hier hat keinen festen Job und lebt quasi (in Pandemiezeiten umso mehr) von der Hand in den Mund. So führen einem diese Werbetafeln stets vor, was man nicht haben kann. Aber nicht nur das: auf dem Weg nach Guatemala City taucht eine Fastfoodkette nach der anderen auf. Und für den Großteil der Bevölkerung ist dieses Essen sehr kostspielig. Und werfen wir einen Blick zurück nach Antigua. Dieses süße Städtchen gehört quasi nicht den Guatemalteken, sondern inzwischen in vielen Teilen Extranjeros, also Ausländern, die sich hier für verhältnismäßig wenig Geld ein schickes Hotel, Restaurant oder Apartments leisten. Nur sehr wenige Einheimische kommen in den Genuss in solch einem Hotel zu übernachten, einem dieser Restaurants zu essen.. Doch auch hier lohnt sich ein Blick auf die andere Seite: Arbeitsplätze werden geschaffen und insbesondere junge Guatemalteken sind hier angestellt. Die Guatemalteken lieben ihre Tacos und vor den kleinen Garagen, in welchen (teilweise auch sehr junge Frauen/Mädchen) stehen und Tacos klopfen und kneten, finden sich lange Schlangen Einheimischer, während manche Touristen lieber bei McDonalds einen Chickenburger bestellen. Klingt komisch, kann man aber tatsächlich nicht grade selten beobachten. Es ist super interessant anzusehen, wie in Antigua junge Touristinnen in bauchfreien Shirts und teuren Sonnenbrillen neben kleinen, in bunte Trachten gekleideten indigenen Frauen den Bürgersteig entlanglaufen. Und beides passt und gehört einfach hier her. Antiguas Bevölkerung ist dankbar für den (sich langsam wieder anbahnenden) Tourismus und die Touristen genießen die schöne und vielseitige Stadt, die umgebende Natur (3 Vulkane…) und die im Vergleich zu anderen Teilen Guatemalas vorherrschende Sicherheit dieser Stadt.
Ganz spontan hatten 2 Mädchen aus Belize an einem Nachmittag die Idee, den Pacaya Vulkan zu besteigen. Und ich konnte mich anschließen. Allerdings hatten wir weniger Spaß als gedacht: nach einer ewigen Busfahrt stampften wir etwa eine Stunde im strömenden Regen den Vulkan hinauf. Aussicht: keine! 😀 Nur weißer Nebel zog an uns vorbei. So eilten die 7 Gefährtinnen, „the fellowship of the Marshmallow“, durch den Nebel, um ihre Marshmallows in kleinen, warmen ehemaligen Lavaöfen zu schmelzen. Als wir uns schon frierend auf den Heimweg machen wollten, kam ein starker Windstoß und gab uns den dann doch recht beeindruckenden Blick auf die Spitze des Vulkans und die rauchenden Vulkanherde frei. Ein kalter, nasser Ausflug, der uns ganz schön leiden ließ, sich aber dennoch gelohnt hat. Flüssige Lava hat man hier übrigens noch bis vor 5 Monaten sehen können. Es war sogar so heiß, dass manche Guides hier oben pizza gebacken haben. Sie war wohl innerhalb von 5 Minuten fertig gebacken.
Es war eine superinteressante Erfahrung, als ich für ein Wochenende meine Freundin Paola in ihrem zu Hause besuchen konnte. Paola lebt mit ihrer Schwester Thelma in einer Finca (eine Art Hof). Sie haben ein tolles Haus, einen wunderschönen Garten voller verschiedener Bananenpflanzen, Kräuter, Gemüse, Obst, riesigen Spinnennetzen, bunten Blumen..
So haben wir uns morgens unser Frühstück zusammengepflückt und gesammelt. Naja ok.. Die Tortillas waren gekauft.. Und der Kaffee auch. Aber sich so selbst zu versorgen ist klasse.
In Guatemala City waren die großen Unterschiede zwischen arm und reich deutlich zu sehen. Und einige Straßen konnten wir nicht betreten, da sie laut Paola zu gefährlich waren. In diesem Sinne: gut, wenn man mit einer Einheimischen unterwegs ist! Wir besuchten einen dunklen, verschachtelten Markt im Untergrund voller Obst, Gemüse, Gewürze, Spielsachen, Klamotten und Tourikrams. Während des Tages in der Stadt erzählte Paola viel über ihr Land und einige Dinge waren nicht unbedingt positiv. Vielmehr eher dramatisch. So hier ein Beispiel: vor 4 Jahren verbrannten 41 Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren in einem Heim mitten in Guatemala Stadt. Sie starben in einem Feuer, welches sie selbst aus Protest entzündet hatten. Die Einzelheiten sind sehr tragisch und besonders traurig ist, dass sie nicht gerettet wurden. Zudem versucht die Regierung bewusst dieses Ereignis zu verschleiern. So werden stets wieder 41 bunt bemalte Kreuze auf den Hauptplatz gestellt, von der Regierung entfernt, von Menschen wieder aufgestellt.. Und Sprüche wie „wir vergessen nicht“ werden auf die Straßen gesprüht. Die Bevölkerung wirkt aufgewühlt, doch große Proteste sind aufgrund der Pandemiesituation verboten. Ich lauschte den traurigen und den schönen Geschichten über Paolas Heimatland, während wir durch die Straßen schlenderten – vorbei an ehemaligen, nun geschlossenen Restaurants, Fastfoodketten, teuren (Schmuck)Läden, Straßenkünstlern, einsamen Menschen auf den Straßen. Wir probierten verschiedene Besonderheiten der guatemaltekischen Küche, wie zB. einen süßen Saft aus Mais (Atol), Kochbananen, gefüllt mit süßem Bohnenmuß… Und am Abend bereitete Thelmi uns Rosa de Jamaika zu. Ein Getränk aus einer Art Hibiskus, gemischt mit Ingwer, Zucker und Zimt. Es wird kalt wie eine Limonade getrunken und ist wahnsinnig lecker. Und schon bald war das gemeinsame Wochenende vorbei und eine weitere Woche voller intensiver Spanischstunden in Antigua lag vor mir. Aber das nächstes Abenteuer steht schon wieder vor der Tür!