„We are sorry, madam. Your luggage is lost at this moment“… Das war leider kein so besonders schöner Empfang in Vietnam und nachdem es zuvor noch Stress bei der Aus/Einreise gab wurde dies ein richtig blöder Tag. Krönung war noch ein riesiger Streit mit dem oberblöden Taxifahrer nachts in einer Seitengasse. Aber ab diesem Moment konnte es wirklich nur noch besser werden. In der Hotellobby traf ich auf meine aufgeregte und besorgte Mutter und einen friedlich schnarchenden Ulrich. Und tatsächlich: Hanoi zeigte sich als sehr befahren, laut und chaotisch. Doch das war auch ziemlich aufregend. Aber besonders viel von der Stadt konnte ich leider nicht sehen, da es am nächsten Morgen früh los ging zur Halong Bucht.
Das in der Halong Bucht der Massentourismus boomt wurde mir schon vorher gesagt. Deshalb überraschten die Vielzahl an riesigen Touribussen weniger als die Tatsache, dass es in der Halong Bucht auch sehr friedlich und wunderschön ruhig sein kann. Dazu muss man nur auf einem der kleineren Touristenboote hinausfahren und dann dort übernachten. Die Liegestühle an Deck laden dazu ein früh morgens aufzustehen und sich ganz alleine einen tollen Sonbenaufgang anzusehen. Und dann gibt es Tai Chi a Deck während die Sonne sich zwischen den beeindruckenden Karstfelsen erhebt. Die 1,5 Tage auf dem Schiff waren vollkommen durchorganisiert. Ganz anders als ich es bisher von Südostasien gewohnt bin.. Es gab zu festen Zeiten (sehr exquisites) Essen, wir wurden zu einer ziemlich coolen Höhle gebracht und konnten zwischen und unter Felsen hindurch kayaken. Einweisung gab es keine. Jeder wurde in ein Kayak geworfen und dann hieß es: macht mal. Zwei Araberinnen wussten mit den Paddeln nichts anzufangen und mussten laut um Hilfe rufen während sie langsam davontrieben. Aber auch wenn alles plötzlich ziemlich chaotisch zuging war es ein schönes Kayakplätzchen. Durch eine niedrige Höhle hindurch ging es zu einer Lagune, welche von grün bewachsenen Felsen umrahmt wurde. Und während man so friedlich vor sich hinpaddelte zeigten sich auch einige neugierige Äffchen in den Bäumen. Bei dem Besuch einer der vielen Inseln haben wir eine Treppenodyssee auf uns genommen und wurden mit einem tollen Rundumblick belohnt.
Die trockene Halong Bucht war eine nervenzerreißende Busfahrt und eine Nahtoderfahrung entfernt. Der Busfahrer konnte nicht nur schreien wie ein wilder, sondern fuhr auch dementsprechend. Mir ist erst nach zwei Stunden aufgefallen, dass es in Vietnam ja keinen Linksverkehr gibt. Und bei dem unnötigsten und riskantesten Überholmanöver das man sich vorstellen kann schrammten wir nur wenige cm an dem entgegenkommenden LKW vorbei und büßten unseren Seitenspiegel ein. Und das nur um einen anderen Reisebus zu überholen. Da konnte man nur froh sein, dass man kein Rollerfahrer ist. Die Vielzahl an Rollern bei Tam Coc war beeindruckend. Genauso wie sie es anstellten kreuz und quer auf der Straße zu fahren ohne sich gegenseitig umzufahren. Da musste ich meiner Mutter versprechen mich in Asien nie auf so eine Höllenmaschine zu setzen. Und dieses Versprechen musste ich schon 5 Minuten nachdem wir Tam Coc erreicht haben brechen. Unser Homestay Abholservice bestand aus einem Jungen der aussah als wäre er gerade 12 geworden und seinem breit grinsenden, langhaarigen Vater. Also hieften wir Taschen und Backpack auf die Roller und schafften es sogar uns selber auch noch drauf zu schwingen. Unser Homestay entpuppte sich als absolut hübsch und wurde von einer absolut freundlichen Familie geführt die sich sehr viel Mühe gaben uns jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Wir fühlten uns pudelwohl und erkundeten die Gegend mit dem Boot, dem Fahrrad und zu Fuß. Wir begegneten Schlammenten, Wasserbüffeln, Schmetterlingen, Libellen, Fröschen, (gerupften) Hähnen und einigen Einheimischen. Ein besonderes Erlebnis war noch der einheimische Markt in den wir mehr oder weniger aus versehen gerieten. Eine ganz tolle Stimmung erlebten wir somit und Ulrich ließ sich beinahe ein prächtiges Huhn andrehen.
Die Reise gong weiter nach Da Nang. Dafür mussten wir in Ninh Binh in den Nachtzug steigen. Und das war eine laute, wackelige, lange und interessante Erfahrung. In unserem Schlafwagen lag bereits ein Vietnamese und schlief tief und fest. Mitten in der Nacht schrecken wir auf, da er plötzlich anfing zu schreien. Doch er brauchte keine Hilfe wie ich erst annahm, sondern telefonierte. Lange. Und laut. Als er ausstieg brannten alle Lichter und die Tür stand offen. Aber wir ärgerten uns nicht lange sondern betrachteten die faszinierende Landschaft, die aus Reisfeldern, Bananenpflanzen, Palmen, Wasserbüffeln und dicken Regentropfen bestand. Vereizelt waren auch riesige Regenschirme mit Füßen oder befahrene Mopeds zu sehen. Die wirkten besonders nett, da die Fahrer sich alle in lange Regencapes gehüllt hatten.. -schon mal ein fahrendes Zelt gesehen? Das letzte Stück der 14 stündigen Fahrt ging entlang des Wolkenpasses und brachte uns dazu mit plattgedrückter Nase am Fenster zu stehen und das stürmische Meer und die nebelig grüne Regenwaldlandschaft mit den tiefhängenden Stromleitungen zu bestaunen.
Angekommen in Da Nang verbrachten wir erst ein paar Stunden im Museum und betrachteten vorwiegend religiöse, in der Gegend ausgegrabene Steinskulpturen. Hoi An war schließlich eine Stunde Taxifahrt entfernt (unser armer kleiner Taxifahrer war in der fremden Stadt völlig überfordert und musste schließlich von uns (mit Hilfe von Google maps) gelotst werden). Es regnete auch hier sehr stark, was uns jedoch nicht davon abhielt in die Stadt zu gehen. Hoi An liegt sehr schön am Fluss und ist geschmückt mit bunten, leuchtenden Lampions. Eine Bar reiht sich an die nächste und auch Taschen/Klamotten/Souveniergeschäfte gibt es ohne Ende. Als wir im Restaurant saßen wurde es um uns herum plötzlich sehr unruhig. Es kamen immer mehr Mitarbeiter herein und wuselten um uns herum. Gäste wurden draußen schon abgewimmelt. Den Grund dafür zeigte uns die Restaurantbesitzerin bald: das Wasser stand schon an der Türschwelle und eine Überschwemmung des Restaurants nur noch eine Frage der Zeit. Auf dem Heimweg zum Hotel wateten wir auch schon durchs trübe Nass. Und am nächsten Morgen rissen mich die Worte meiner Mutter früh morgens aus dem Schlaf: “ Zieh dich an, wir müssen das Hotel wechseln. Hier steht alles unter Wasser.“ Ein Boot brachte uns samt Gepäck an eine „trockene“ Stelle, etwas außerhalb der Altstadt. Ziel war es nun ein neues, möglichst trockenes Hotel zu finden. Und so landeten wir nach einer etwas feuchten Wanderung durch die Stadt in einem neuen Hotel. Man sollte meinen damit wäre das Schlimmste überstanden. Doch das Wasser stieg noch weiter und bald war unser Hotelpersonal (samt unserer Reisepässe) auf und davon. Kurz darauf fiel der Strom aus und wir saßen im dunklen im Hotelzimmer. Natürlich kann uns auch hüfthohes Wasser nicht aufhalten und wir „schwammen“ den Tag in der Stadt herum und besuchten den einheimischen Markt. Hier fiel uns mal wieder auf wie entspannt die Menschen mit der aktuellen Situation umgingen. Und somit sahen wir die Situation als eine spannende Herausforderung an. Die unzähligen Roller wurden von den Einheimischen trotzdem weiter benutzt (unzerstörbar diese Dinger!) und wer ein Boot besaß der fuhr für entsprechendes Kleingeld die Touristen hin und her. Alles funktionierte irgendwie weiterhin und die Menschen verloren nicht ihr Lächeln. Eine Lösung wurde immer gefunden. So mussten wir früh am Morgen über das Dach laufen und über wackelige, rostige Leitern hinunter in das Boot krabbeln. Und wir bekamen glücklicherweise auch unsere Pässe wieder zurück.
Ein unkomplizierter Flug brachte uns von Da Nang nach Can Tho. Und dort wartete mein Rucksack genau so sehnsüchtig auf mich wie ich auf ihn. Nun konnte ich als richtiger Backpacker meine Reise fortsetzen. 🙂
Die kleine Schildkröte sieht schon ganz anders aus…..